Familie als Projekt
5 Anregungen für deinen Familienalltag

- Mai 10, 2020
- Jutta Merschen
Familie als Projekt!
“Betrachten Sie Ihre Familie als neues und spannendes Projekt, dessen einzelne Teilnehmer nicht von vornherein bestens qualifiziert sind”.
Diesen wunderbaren Satz schauen wir uns heute mal in der praktischen Anwendbarkeit an. Möge es euch Flügel verleihen. Jedes Mal, wenn ich den Satz lese, falle die beiden Ziegelsteine, die sich manchmal auf meinen Schultern niederlassen, herunter und ich fühle mich leichter.
Egal, wie man zu seinen Büchern steht, ob man überhaupt schon eines gelesen hat oder ob man Jesper Juul für eine skandinavische Modemarke für Hipster hält: Der dänische Familientherapeut hat Dinge aufgeschrieben, die mir das Herz leichter machen. Ich habe nämlich beschlossen, dass auch nach 5 Jahren Familienleben das Wort “neu” immer noch für uns gilt. So sehe auch ich meine Familie als Projekt, aber nicht mit dem Druck, eine Frist einhalten oder eine Leistung abgeben zu müssen. Sondern als etwas Gestalterisches, eine gemeinsame Reise, etwas, das wir Eltern und Kinder zusammen schaffen.
Jesper Juul war nicht unbedingt ein Meister des Konkreten. Deshalb haben wir heute 5 Anregungen für dich, die zum Konzept der Leichtigkeit, der Neugier und des Wachstums passen, die in Jesper Juuls Satz mitschwingen. Zum Ausprobieren, nicht zum Abhaken
5 Tipps für deinen Familienalltag
1. Was machen wir als Eltern, als Familie gut?
Die lauen Frühlingsabende kommen wieder. Perfekt, um bei einem Glas Wein, egal ob mit Partner*in oder Freund*in, virtuell oder reell, zu überlegen, was bei euch richtig gut läuft im Familienleben. Wo ist Flow, wann läuft alles wie geplant? Was ist besser als noch vor 1, 2 oder 3 Jahren – oder anders? Und wenn du magst, frag dich auch, in welchem Bereich Ihr noch wachsen wollt.
2. Loslassen
Wir Eltern wollen so oft so viel. Von uns und auch von unseren Kindern: Dass sie sich die Zähne putzen, 1x pro Woche baden (oder lieber 1x am Tag?), dass sie nicht 5 Tage das gleiche Spiderman-Shirt anhaben, dass sie nicht 3x am Tag Müsli essen. Bevor sich die Konflikte festfahren und es eisern wird: lass los. Es passiert nichts, wenn dein Kind ein paar Tage mal nicht das macht, was normalerweise die Regel ist. Meistens ist der Ausnahmezustand sowieso eher nach Stunden als nach Wochen vorbei.
3. Tägliche Dankbarkeit
Wenn du schon mal irgendetwas mit Achtsamkeit zu tun hattest, wirst du wahrscheinlich am Thema Dankbarkeit vorbeigekommen sein. Ausgelutscht? Ich würde sagen, es ist wie das Sonnenlicht. 2 Minuten Dankbarkeit jeden Tag helfen, auch wenn man es jahrelang praktiziert. Umzusetzen zum Beispiel beim ersten Kaffee oder Tee. Unter der Dusche. Beim Wecken der Kinder. Wenn du es noch mehr verankern willst: Es gibt sehr schöne Dankbarkeitstagebücher – und natürlich auch Apps dafür.
4. Karlson-vom-Dach-Einstellung
Vieles von dem Schabernack, den unsere Kinder treiben, ist, für sich genommen, nicht wirklich schlimm: Schokostückchen aus dem Müsli picken, Bad fluten, Wand bemalen, Blätter rupfen. Wenn du es bei anderen Familien beobachten würdest, wärst du wahrscheinlich weder erschrocken noch verärgert, sondern eher amüsiert. Ich nenne es die Karlsson-vom-Dach-Einstellung: “Das stört keinen großen Geist.” Diese Einstellung ist ein unendliches Wachstumsfeld und bei wenig Schlaf oder viel Stress manchmal auch unmöglich. Aber wenn sie gelingt, dann ist es so, als würde man fliegen – eben wie Karlsson vom Dach.
5. Was ist toll an deinem Kind, was kann es schon richtig gut?
Die meisten von uns tendieren dazu, das zu sehen, was unsere Kinder noch nicht können oder nicht gut machen: Zappeln, Wasser umschütten, nicht aufessen. Diese Liste alleine für das Mittagessen könnte man noch beliebig weiter fortsetzen. Muss man aber nicht. Dreh den Fokus um: Was machen deine Kinder so richtig gut? Woran haben sie Freude? Was gelingt ihnen alles an einem normalen Tag? Am besten für jedes Kind getrennt besprechen und vielleicht sogar aufschreiben. Als kleiner Schatz für die Zeiten, wo der Stress überhandnimmt.
Hoffentlich können dir diese 5 Anregungen helfen, deinen Familienalltag mit etwas mehr Humor und Leichtigkeit zu betrachten. Es muss nicht alles perfekt sein, das wäre geradezu utopisch. Familie ist unperfekt, individuell und ein Prozess. Also darfst du sie auch durchaus als Projekt betrachten, an dem gearbeitet werden kann und muss.
Ein weiteres interessantes Thema zum Projekt Familie ist Erziehung mit Humor. Wir haben einen Magazinbeitrag zum Thema verfasst, schau doch gerne mal vorbei.
Außerdem haben wir Audiokurse zu Themen wie “Konfliktlösung mit Kindern”, “Bedürfnisorientiertes Erziehen” und “Raus aus dem Mental Load” entwickelt. Du findest sie unter unserem Kursangebot.
Quellen:
Dizdar, D. (2019): 15 revolutionäre Aussagen von Jesper Juul. https://www.schweizer-illustrierte.ch/family/familien-geschichten/15-revolutionare-aussagen-von-jesper-juul.
Looks, K. (2021): 16 Tipps zum Glücklichsein – mehr Harmonie in der Familie. https://www.scoyo.de/magazin/familie/freizeit/harmonie-im-familienalltag/.
Mahle, N (2010): Wenn man Regeln aufstellt, werden Kinder entweder unterwürfig oder kriminell. https://www.planet-interview.de/interviews/jesper-juul/35272/.