Kindern Grenzen setzen

4 Tipps, wie das funktioniert

“Kinder brauchen Grenzen”

Es gibt wahrscheinlich keinen Satz, den wir Eltern öfter zu hören bekommen als diesen. Egal, ob von den eigenen Eltern, Schwiegereltern, von Erzieher*innen oder befreundeten Eltern. Es scheint so eine geheime Allianz zu dem Thema Grenzen zu geben.

 

Es gibt aber auch andere Stimmen. Jesper Juul zum Beispiel. Was er dazu sagt und wie man in größtmöglicher Weichheit Grenzen setzen kann, darum geht es in diesem Artikel.  

 

Kinder erleben jeden Tag Grenzen

Wir Eltern bestimmen in groben Zügen ihren Tagesablauf – auch wenn wir natürlich im Kleinen eine Welt der Wahlmöglichkeiten anbieten können. Der große Bruder lässt das kleine Geschwisterkind mal mitspielen, mal nicht. Sie dürfen bei Rot nicht über die Straße. Das zerbrochene Kunstwerk lässt sich ohne Heißklebepistole nicht reparieren, aber zu Hause gibt es keine und der Kindergarten ist noch nicht wieder geöffnet. Lauter Beispiele dafür, wann Kinder immer wieder Grenzen erleben. 

3 Kategorien von Grenzen

1. Natürliche

Die Schwerkraft, zum Beispiel. Die Tatsache, dass wir am Sonntag das Spielwarengeschäft nicht aufschließen können. Dass wir Eltern trotz anderslautender scherzhafter Ankündigungen nicht wirklich zaubern können. Und auch, dass Bügelperlen nicht wieder entschmolzen werden können (zumindest nicht ohne Chemie-Diplom).

2. Soziale oder Persönliche

Die, die aus der Interaktion von zwei oder mehr Menschen entstehen: die Müdigkeit von uns Eltern, die uns die Lust nimmt, zum 37. Mal eine Geschichte vorzulesen. Die Tatsache, dass andere Kinder manchmal eben nicht teilen möchten und dass kindlicher Lärm dem Bedürfnis nach Ruhe und Erholung entgegensteht. Auch, dass wir anderen Menschen, Tieren und der Natur nicht schaden oder mutwillig das Eigentum anderer zerstören dürfen, lässt soziale Grenzen entstehen.

3. Willkürliche

“Ein Drei-/Vier-Fünfjähriger muss xyz selber können (obwohl ich sehe, dass du es nicht schaffst).” “Ich trage dich nicht (obwohl ich es könnte).” “Bei uns gibt es keinen Apfelsaft (aber ich trinke ihn heimlich).”

 

Jesper Juul hat mal gesagt: „Kinder brauchen überhaupt keine Grenzen, in diesem altmodischen Sinne.” Ich glaube, er meinte damit willkürliche Grenzen. Denn er führt weiter aus: “Was Kinder wirklich brauchen, ist Führung von Erwachsenen und Erwachsene, die ihre eigenen Grenzen kennen, ihre eigenen Bedürfnisse, ihre eigenen Werte. Diese abgegrenzten, deutlich definierenden Erwachsenen brauchen Kinder.“ Denn willkürlich gesetzte Grenzen können Kinder nicht nachvollziehen und schwächen somit auch unsere Glaubwürdigkeit. 

 

Auf Basis dieser Einteilung leiten sich auch unsere Tipps zum Grenzen setzen ab. 

4 Tipps zum Thema Grenzen setzen

1. Willkürliche oder erfundene Grenzen vermeiden

Willkürliche Grenzen sind oft mehr Machtdemonstration: Ich bestimme und nicht du. Schnell werden Dinge gesagt, die beim genaueren Hinhören nicht wirklich haltbar sind. In einer guten Beziehung gibt es keinen Chef: daher willkürliche Grenzen am besten weglassen. Als Tipp zum Erkennen: würdest du eine ähnliche Grenze auf dich oder deine*n Partner*in oder eine* Freund*in anwenden?

2. Persönliche Grenzen setzen, ohne die Emotionen an das Kind zu übertragen

Unsere Gefühle, die wir bei einer (versuchten) Grenzüberschreitung durch die Kinder spüren, sind unsere Verantwortung, nicht die des Kindes. Deshalb gilt: Unsere Bedürfnisse und Grenzen dürfen und müssen klar definiert sein. Gleichzeitig können wir sie gegenüber unseren Kindern mit Wertschätzung setzen: “Stopp, wir werfen keine Steine auf Menschen. Komm, wir werfen sie auf die Wiese.”

3. Durch Frustration begleiten

Egal, ob es natürlich Grenzen sind, an die ein Kind stößt oder ob die sozialen Grenzen Frustration, Wut oder Traurigkeit hervorrufen. In diesen Momenten können wir Eltern 2 Wege gehen: Entweder den Rahmen erweitern, wenn es in unserer Macht steht. Zum Beispiel ein neues Eis kaufen, wenn die Schwerkraft es “aus Versehen” auf den Boden befördert hat. Oder unser Kind durch den emotionalen Strudel hindurch begleiten: “Du bist ganz schön wütend. Ich verstehe das. Aber wir hatten vereinbart, dass du 30 Minuten fernsehen darfst und die sind jetzt um”. Wichtig: wir können die emotionale Reaktion unserer Kinder aushalten, ohne sie zu lösen oder uns zu eigen zu machen.

4. Den Rahmen in der Familie vorab stecken

Dir ist es wichtig, dass die Kinder im Haushalt helfen? Es geht dir auf die Nerven, dass deine beiden Kinder jeden Abend das Zubettgehen hinauszögern? Gemeinsam getroffene Vereinbarungen können hier die Lösung sein. Wichtig: diese Grenzen und auch die eventuellen Antworten auf Grenzüberschreitungen werden vorab vereinbart, in Ruhe, im gegenseitigen Einverständnis, z.B. im Rahmen einer Familienkonferenz. Thomas Gordon meint, dass sie ab 3 Jahren möglich sind – einfach ausprobieren.

 

Im Umgang mit Grenzen hilft Konsistenz: Gleiches gleich behandeln. Ungleiches unterschiedlich behandeln. Dazu gehört auch, wahrzunehmen, dass ein todmüdes Kind besser nicht mehr badet. Auch, wenn es um die Grenzen der Sauberkeit geht.

Vielleicht wird es beim Thema Grenzen trotzdem von Zeit zu Zeit zu Konflikten mit deinem Kind kommen. Dann hilft dir vielleicht unser Audiokurs “Konflikte lösen mit Kindern” weiter. 

Quellen:

Juul, J. & Bruns, A. (2018): Grenzen, Nähe, Respekt: Auf dem Weg zur kompetenten Eltern-Kind-Beziehung. Rowohlt Verlag. 

Mandler, J. (2021): Kinder Grenzen setzen – nur, wie?. https://www.derstandard.de/story/2000129430009/kindern-grenzen-setzen-aber-wie

Wieland, M.: Warum Grenzen setzen für Kinder so wichtig ist – und wie das auch gelingt. https://www.familienleben.ch/kind/erziehung/grenzen-setzen-was-tun-wenn-kinder-sich-nicht-an-regeln-halten-4310




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