Wenn die Partnerschaft als Eltern leidet
Das kannst du dagegen tun

- Februar 1, 2021
- Jutta Merschen
Als Eltern haben wir ganz schön viele Rollen auf einmal. Wenn da die Energie für Ehe oder Beziehung etwas das Nachsehen hat, dann ist das ziemlich normal. In unseren Umfragen unter über 1.500 Eltern ist die Herausforderung im Familienleben, die an 2. Stelle genannt wird: Die Partnerschaft leidet.
Die Partnerschaft ist die wichtigste Beziehung in der Familie
Aber: Die Beziehung zwischen den Eltern ist die wichtigste Beziehung in der Familie, egal, ob die Eltern zusammen oder getrennt leben. Denn sie macht so viel von der Stimmung in der Familie aus und sie überträgt sich auch auf euer Kind. Was kannst du also für deine Beziehung tun? Darum geht es in diesem Magazinbeitrag.
Warum ist die Beziehung zu unserem*r Partner*in so wichtig? Auch wenn unsere Aufgaben als Eltern im Fokus des Familienalltags stehen, werden die Entwicklung unserer Kinder und die Familienatmosphäre maßgeblich von unserer Beziehung zum anderen Elternteil geprägt. Allein die Streitkultur, die wir als Eltern pflegen, hat Folgen für die Kinder, haben amerikanische Forscher belegt.
Wenn der Stress steigt, sinkt unser Empathievermögen und es steigt das Potenzial für Konflikte. Auch ich merke das: Nach einem langen Tag habe ich manchmal nicht mehr so viel Kapazität für Einfühlungsvermögen. Ein “Geheimtipp”: wertschätzend und gleichzeitig ehrlich zu kommunizieren.
Kommunikation in der Partnerschaft ist essenziell
Einen Ansatz dazu bietet Marshall Rosenbergs Modell der gewaltfreien Kommunikation (auch bekannt als GfK). Ich fand das früher eher esoterisch, bis wir 2018 ein Paarseminar zu dem Thema gemacht haben und es uns die Augen und die Herzen geöffnet hat. Denn die GfK ist nicht nur ein Kommunikationsmodell, sondern vielmehr eine Grundhaltung, die von Empathie und Wertschätzung füreinander und auch für sich selbst geprägt ist. Ihre Vier-Schritte-Methode ist nur dann erfolgreich, wenn wir gegenseitigen Respekt füreinander zeigen. Die Grundannahme: In einer Beziehung ist uns daran gelegen, ein Verständnis für das Gegenüber sowie auch für uns selbst zu entwickeln. Um für den anderen da sein zu können, müssen wir im ersten Schritt für uns selbst sorgen.
Dahinter steht die Grundüberzeugung, dass wir mit unserem Handeln stets Bedürfnisse verfolgen. Der Knackpunkt: Wir dürfen nicht erwarten, dass unser*e Partner*in komplett nach unseren Bedürfnissen handelt, die er oder sie gegebenenfalls gar nicht kennt. Stattdessen müssen wir Verantwortung für unsere Bedürfnisse und die Gefühle übernehmen, die erfüllte und unerfüllte Bedürfnisse auslösen.
Das heißt konkret, dass wir nicht sagen “Ich bin frustriert, weil du nie die Socken vom Boden räumst”. Sondern: “Ich bin genervt, weil ich Ordnung brauche, damit ich mich wohlfühlen kann.” Versuche es mit Ich-Botschaften statt Anschuldigungen. Unangenehme Gefühle entstehen nicht aus dem Verhalten anderer, sondern aufgrund der Tatsache, dass das Verhalten nicht kompatibel mit unseren Bedürfnissen ist.
Partnerschaftliche Kommunikation in der Praxis
Und nun, in der Praxis? Rosenberg hat die Praxis der gewaltfreien Kommunikation in vier Schritte unterteilt, die übrigens auch super mit Kindern funktionieren, etwas bei Wutanfällen oder einem Geschwisterstreit:
- Beobachtung: Beschreibe die Situation frei von Interpretationen und Wertung. Ganz neutral, so wie eine Kamera das aufnehmen würde
- Gefühl: Nimm deine Gefühle wahr und benenne sie.
- Bedürfnis: Finde heraus, was das unerfüllte Bedürfnis dahinter ist und erkläre es.
- Bitte: Formuliere eine Bitte oder einen Lösungsvorschlag, wie es jetzt in diesem Moment konkret weitergehen könnte.
Klingt abstrakt? Im richtigen Leben könnte es zum Beispiel so ablaufen: Wünschst du dir nach einem anstrengenden Tag einen ruhigen Moment, dein*e Partner*in möchte dir aber in allen Einzelheiten von seinem/ihren Tag berichten? Statt abzuwiegeln, könntest du das unterschiedliche Bedürfnis nach Entspannung und Kommunikation ansprechen:
Wenn du mir umgehend nach meiner Arbeit von deinem Tag berichtest (Beobachtung),
dann fühle ich mich überfordert und gereizt (Gefühl).
Ich brauche erst einmal meine Ruhe und möchte kurz etwas für mich machen (Bedürfnis).
Könnten wir in einer halben Stunde sprechen? Dann habe ich gerne ein offenes Ohr (Bitte).
Konflikte mit Wertschätzung lösen
Auf diesem Weg können wir lernen, auch in Konfliktgespräche einen liebevollen oder zumindest gepflegten Umgang miteinander führen. Wichtig dabei ist, dass es ein Lernprozess ist. Die gewaltfreie Kommunikation kann man leider nicht aus an- und ausschalten – ich zumindest konnte das nicht. Es braucht Übung, bis diese 4 Schritte tief verankert sind und wir natürlich wertschätzend und gleichzeitig ehrlich über unsere Gefühle und Bedürfnisse sprechen können.
Eine kleine Vorübung auf Kommunizieren in Ich-Botschaften ist übrigens das Zwiegespräch. Kann schon nach der ersten Anwendung kleine Wunder bewirken.
Das Leben und auch unsere Beziehungen bestehen aus der Aneinanderreihung kleiner Momente. Konzentrieren wir uns auf die kleinen Dinge, können wir unsere Beziehung langsam, aber nachhaltig ändern. Kleine Schritte, große Veränderungen.
Quellen:
Dietz, A. (2019): Bessere Beziehungen durch Gewaltfreie Kommunikation (GFK). https://zeitzuleben.de/gewaltfreie-kommunikation/.
Ilzhöfer, S. (2021): Gewaltfreie Kommunikation: Mit 4 Regeln achtsamer kommunizieren. https://www.fuckluckygohappy.de/gewaltfreie-kommunikation-mit-4-regeln-achtsamer-kommunizieren/.