Streiten ist Alltag
Geschwister verbringen bis zu, 11. Lebensjahr laut einer Studie ein Drittel ihrer Zeit miteinander. Das ist mehr Zeit als mit ihren Eltern, Freunden oder auch allein. Kein Wunder, also, dass die allermeisten Geschwisterkinder streiten. Viel. Amerikanische Forscher haben festgestellt, dass Kinder zwischen 3 und 7 Jahren sich im Schnitt 3,5 Mal pro Stunde streiten, Kinder im Alter von 2-4 Jahren sogar 6,3 Mal. Ich will das lieber nicht auf einen normalen Nachmittag hochrechnen. Statistisch gesehen streiten sich Geschwister übrigens dann besonders viel, wenn der Altersunterschied nur 1-2 Jahre beträgt oder sie das gleiche Geschlecht haben. Deshalb geben wir dir heute 5 Tipps, wie du mit streitenden Kindern umgehen kannst. Dabei helfen die Tipps natürlich nicht nur bei Streit zwischen Geschwistern. Du kannst sie auch bei Streit unter Freund*innen, auf dem Spielplatz oder in der Kita anwenden.
Geschwisterstreit als Trainingslager für das echte Leben
In ruhigen Momenten hilft es, sich klarzumachen, dass sich das ständige Streiten in einem gewissen Rahmen auswächst. Dass Geschwisterstreit vor allem in intakten Familien vorkommt und dass er wie ein Trainingslager fürs echte Leben ist: Kinder lernen zu verhandeln, Regeln auszumachen und verschiedene Lösungen auszuprobieren. Trotz allem ist es aber dennoch ein Lernprozess und kein Lernmoment. Das bedeutet, dieser Prozess braucht Zeit und Nerven, sowohl beim Kind als auch bei uns.
Streiten will dabei gelernt sein. So können etwa auch ältere Kinder aus der Nachbarschaft positive Einflüsse auf die Streitkultur deines Kindes sein. Vor allem aber wird diese durch bestehende Kommunikationsmuster in der Familie geprägt. Wenn unsere Kinder also streiten, können wir diesen zwar nicht einfach wie auf Knopfdruck beenden. Aber wir können den Streit unserer Kinder begleiten. Wie das geht, erfährst du in unseren 5 Tipps zum Thema Geschwisterstreit.
Unsere 5 Tipps gegen Geschwisterstreit
1. Muster erkennen
Weißt du, wie oft sich deine Kinder streiten und wann? Vielleicht sogar, worüber und wer mit wem? Es hilft, mal ein paar Tage lang “Buch” zu führen, um das Thema objektiver zu begreifen, Muster zu sehen und strukturelle Lösungen zu überlegen. Tritt der Streit immer eine halbe Stunde vor dem Abendessen auf? Vielleicht ginge es mit einem früheren Abendessen ruhiger zu.
2. Streitgrund identifizieren
Streiten die Kinder sich um Gegenstände, um Interessen (z.B. wer vorne sitzen darf oder zuerst dran ist) oder der Fairness wegen (“Er hat aber ein Stück Schokolade und ich nicht!”)? Sind es Zankereien, weil grundlegende Bedürfnisse nicht befriedigt sind (hungrig, müde, fehlende Aufmerksamkeit, fehlende Autonomie)? Oder ist es eher ein Foppen, das die Kinder selbst ganz gut reguliert bekommen? Je nach Ursache gibt es unterschiedliche Strategien, wie du damit umgehen kannst. Es hilft also, herauszufinden, aus welchem Grund der Streit dieses Mal entstanden ist.
3. Unterstützend eingreifend
Bei Streit um Gegenstände oder Interessen sollten wir Eltern in den meisten Fällen eingreifen, vor allem bei Kindern unter 6 Jahren. Klar gibt es auch Kinder, die solche Konflikte schnell selbst lösen – aber auch dann sollten wir hinschauen. Nicht, dass eines der Kinder immer nur einsteckt, während das andere seinen Willen durchsetzen kann. Wie wir bei Geschwisterstreit zum Streitcoach werden und warum das sinnvoll ist, haben wir hier in unserem Magazinbeitrag Schritt für Schritt aufgeschrieben.
4. Bedürfnisse verstehen
Wenn Streit ausbricht, weil Bedürfnisse nicht gesehen oder nicht befriedigt werden können, lohnt es sich, diese zu ergründen. Braucht der ältere Sohn seine Ruhe, während die Kleine einfach nur mit ihm spielen will? Oder ein Kind will Aufmerksamkeit und sieht den Streit als Mittel zum Zweck? Hier müssen wir vermitteln und Lösungen finden, die die Bedürfnisse aller Kinder berücksichtigen. Zum Beispiel: “Könntest du dir vorstellen, deiner kleinen Schwester eine Zeit zu nennen, wann du 5 Minuten mit ihr spielen könntest?”. Auch die schon öfter erwähnte Gemeinsamzeit kann eine Option sein. Dabei verbringst du als Elternteil ganz exklusiv eine vorher abgemachte Zeit mit deinem Kind, indem es ganz allein entscheiden darf, was ihr macht. Mehr dazu findest du in unserem entsprechenden Magazinbeitrag.
5. Streitende Kinder trennen
Vor allem, wenn ein (Klein-)Kind trotz liebevollem Eingreifen nicht kooperieren kann, kann eine räumliche Trennung Wunder bewirken. Und welches Kind mit in ein anderes Zimmer oder auf den Balkon nehmen? Das ist abhängig vom Kontext: Mal mag es das Passive sein, mal die Anstifterin, die eigentlich ein großes Bedürfnis nach Ruhe hat und sich im Kinderzimmer schon nach wenigen Minuten beruhigt hat und selbst beschäftigen kann.
Es geht bei Geschwisterstreit nicht um Schuld oder Recht haben; es geht um die Beziehungen in der Familie und es geht um Lösungen, die Win-Win-Situationen erzeugen. Wie sagt es die Erziehungsexpertin Nicola Schmidt so treffend: “Wir (Eltern) müssen helfen, die Lösung umzusetzen; und nicht selten sind wir auch ein Teil davon.” Wir hoffen also, dass dir unsere 5 Tipps helfen, einen Teil zu den Lösungen beizutragen, wenn deine Kinder wieder einmal streiten und ihren Konflikt nicht selbst lösen können.
Quellen:
Meyer, A. (2019): So wird aus streitenden Geschwistern ein starkes Team. https://www.welt.de/wissenschaft/article189709519/Geschwisterstreit-Wie-Eltern-bei-Konflikten-am-besten-reagieren.html.
Schmidt, N. (2018): Geschwister als Team: Ideen für eine starke Familie. Kösel Verlag.
Siegenthaler, M.: Wenn Geschwister streiten: Wie Eltern sich richtig verhalten. https://www.familienleben.ch/kind/erziehung/wenn-geschwister-streiten-249.